Von dem ersten Augenblick an, als ich gehört habe, dass es "die Regel" während "der Regel" gibt, man solle die ersten drei Tage der Menstruation nicht auf die Matte steigen, war ich interessiert. Interessiert an dem, was dahinter steckt. Das ist nun ein paar Jahre her und heute werde ich mit euch teilen, warum genau wir uns auf die Couch legen sollten, anstatt auf der Matte zu turnen.
Menstruation und der weibliche Zyklus ist gerade ein Modethema, zumindest in der Bubble in der ich lebe. Dass das nicht überall so ist, zeigen mir diverse Kommentare auf Facebook und Instagram, sowie Reaktionen im Freundeskreis. Das Thema Monatsblutung ist immer noch heikel, über die Jahre hinweg tabuisiert, dauert es nun eine Weile, bis wir langsam entspannt damit umgehen können. Doch wie kommt es, dass wir Yogis, die sonst eigentlich mit Körperbewusstsein hausieren gehen, hier noch Defizite haben?
"Das ursprüngliche Yoga wurde von Männern praktiziert. Frauen wurden ausgeschlossen." ist nicht der Grund für unsere yogafreie Zeit!
Ein häufig fallender Satz, wenn es um dieses Thema geht. Jedoch nicht der Grund, warum ich keine Asanas mehr während meiner Periode übe.
Wir haben oft in den Yogastunden gehört: wer seine Tage hat geht nicht in die Umkehrhaltungen und haben dieses Prinzip verstanden: soll etwas unten raus und wir drehen es um, funktioniert das irgendwie nicht. Zu den Umkehrhaltungen gehörten übrigens, nimmt man es ganz genau, nicht nur Handstand, Schulterstand und Kopfstand, sondern auch der herabschauende Hund.
Die Wissenschaft sagt: was unten raus muss, kommt raus. Und widerspricht der Umkehrhaltungstheorie. Unser Körper ist nun mal keine Ketchupflasche. Und genau darum geht es weiter, als bis zu den Umkehrhaltungen und den Männern.
Beim Yoga arbeiten wir mit feinstofflichen Energien. Möchten diese beeinflussen, ausgleichen, für uns statt gegen uns arbeiten lassen. Den begriff Prana hat jeder schon einmal gehört. Prana, oder Prana Vayu, die aufsteigende Energie. Durch Mulabandha, unseren Beckenbodenverschluss, stärken wir unser Prana, lassen unseren Energien aufsteigen, spüren Leichtigkeit während der Praxis, verlieren keine Kraft nach unten. Und genau hier liegt der Knackpunkt: während unserer Menstruation möchten wir Apana Vayu nutzen, die herabfließende Energie. Die Energie, die für Ausscheidungen jeglicher Art zuständig ist. Ausscheidung, ein Wort, dass wir negativ belegen. Doch zu den Aufgaben von Apana Vayu gehört nicht nur Stuhlgang oder Menstruation, sondern auch z.B. die Geburt. Wird ein neues Wesen geboren, nutzen wir die abwärtsfließende Energie und würden nicht im Traum auf den Gedanken kommen unseren Beckenboden fest zu verschließen. Gleiches Prinzip können wir während unseren Moondays anwenden.
Praktizieren wir eine Yogaart, die mit Bandhas (Energieverschlüssen) arbeitet, ganz besonders Mulabandha, sollten wir uns überlegen, wie wichtig uns die Praxis am Anfang unserer Periode ist; wie "yogisch" gegen den eigenen Körper zu arbeiten.
Ayurveda sagt es noch deutlicher: wir sollen liegen und ruhen.
Die Menstruation ist ein heiliger Prozess. Ohne die weibliche Monatsblutung ist eine Fortpflanzung nicht möglich. Unsere Blutungen sind ein Teil unserer Ojas und sollten wertgeschätzt werden. Der Körper braucht nun seine Ressourcen um diesen Reinigunsprozess zu betreiben. Eine Art Detox von Innen, komplett ohne grüne Smoothies und Superfoods.
Shanti, Shanti unten rum.
Ganz im Gegenteil zum heutigen Allgemeinverständnis. Wir haben unsere Tage, nehmen Schmerztabletten, anstatt uns auszuruhen. Fragen heimlich und leise nach einem Tampon im Büro, damit es nur ja keiner mitbekommt. Vor allem bitte kein Mann. Wir verleugnen und lehnen einen wichtigen Teil unserer Weiblichkeit ab und erwarten, dass unser Körper bitte keine Zicken macht. Wir stellen uns gegen unseren eigenen Körper auf und wundern uns über Schmerzen, Krämpfe und Reaktionen auf unsere Ablehnung. Es gibt Kulturen, in denen die Menarche (die erste Regelblutung der jungen Frau) gefeiert wird. Der Schritt in das Zeitalter der erwachsenen Frau. Ich erinnere mich daran, wie unangenehm dieses eigentlich so großartige Ereignis war und wie von da an, jeden Monat versucht wurde, so unauffällig wie möglich zu sein. Es ist Zeit dieses Gefühl zu ändern.
Inzwischen gibt es immer mehr Informationen um neue Hygieneprodukte rund um diese besondere Zeit im Monat. Haufenweise Artikel über Mooncups/Menstruationstassen als alternative zu Tampons machen die Runde. Ich finde das fantastische und habe für mich persönlich Thinx gefunden, da auch Tampons und Mooncups unser Apana Vayu schwächen. Die neueste Bewegung heißt "free bleeding" und bedeutet, dass frau auf Toilette geht, wenn sie spürt, dass ein Blutfluss beginnt. Soweit kann das Körperbewusstsein gehen. Wie ich finde, eine faszinierende Variante.
Ich habe mich bewusst für meinen Körper und gegen eine egogetriebene Yogapraxis entschieden.
Durch Yoga und Ayurveda habe ich gelernt meine Weiblichkeit mehr zu lieben und meinen Körper immer weiter anzunehmen. Dazu gehören nicht nur "lästige" Dellen und Polster oder eine krumme Nase, dazu gehört für mich noch mehr die Menstruation. Sich mit diesem Thema intensiver auseinander zu setzen ist der erste Schritt, um den gesamten weiblichen Zyklus besser kennen zu lernen. Ich gebe mir selber die Zeit und die Möglichkeit in diesen Tagen zur Ruhe zu kommen und meinen Körper soweit ich kann zu unterstützen. Deswegen bleibt meine Matte an den ersten drei Tagen der Moondays zusammengerollt.
Happy bleeding!
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